Samira ist 19 Jahre alt, als sie ins sprungbrett kommt, um sich zum Thema Schulden beraten zu lassen. Nachdem sie ihren Job im Einzelhandel verloren hat – ihre Firma musste Stellen streichen – ist sie auf Arbeitslosengeld angewiesen. Das reicht gerade mal für die Miet- und Energiekosten. Ihr Essen kauft sie online über Klarna. So muss sie nicht gleich bezahlen, erhält erst im Nachhinein die Rechnung. Die kann sie dann aber nicht begleichen. Eine Schuldenfalle.
Luise Wickrath, Bereichsleitung im Verein sprungbrett, einer Beratungsstelle für junge Frauen* in Wien, zeigt sich besorgt. Die Situation der jungen Frauen und TIN*-Personen verschärfe sich. Es gehe, wie bei Samira, in den Beratungen häufig um existentielle Grundbedürfnisse wie Wohnen, Essen, den Zugang zu adäquater Gesundheitsversorgung. „Dass mir junge Frauen* sagen, dass sie Hunger haben, ist beunruhigend“, erzählt Wickrath.
„Um nachhaltig bei der Integration in den Arbeitsmarkt unterstützen zu können, müssen wir im sprungbrett in einem ersten Schritt entlasten, stabilisieren. Wir helfen bei der Suche nach einer leistbaren Wohnung, einem kostenfreien Therapieplatz, gehen gemeinsam zu Sozialmärkten, intervenieren bei Gewalt und arbeiten parallel an Perspektiven“, erklärt Martina Fürpass, Geschäftsführerin des Vereins sprungbrett.
Bei basis sprungbrett, einem vom waff geförderten Projekt, das junge Frauen* auf ihrem Weg ins Berufsleben unterstützt, suchen über 20 % der jungen Frauen* Hilfe wegen finanzieller Sorgen und Wohnungsnot. 2023 waren es noch 11 Prozent. Laut AK Jugendmonitor 2024 geben 54 % der 16- bis 29-Jährigen an, verschuldet zu sein. Für 20 % der jungen Menschen ist die finanzielle Not sogar Grund dafür, eine Ausbildung abzubrechen oder gar nicht erst anzutreten. Auch die hohe Zahl an jungen Frauen*, die unter Depressionen, Schlafproblemen und Angststörungen leiden, ist besorgniserregend. Bei AusbildungsFit sprungbrett, einer vom Sozialministeriumservice geförderten Maßnahme zur Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt, sind es mittlerweile 77 %. Auch Suchterkrankungen nehmen zu. „Es ist unbedingt notwendig junge Frauen* zu empowern, soziale Netze auszubauen, echte Mitbestimmung zu ermöglichen“, betont Wickrath.
Lino Jannach, ebenfalls Bereichsleitung bei sprungbrett, zeigt sich dennoch hoffnungsvoll. „Wenn man Jugendlichen die Unterstützung und die Zeit gibt, die sie brauchen, kann man vieles verändern. Das sprungbrett leistet hier unersetzliche Arbeit. Wir hören zu, nehmen die Jugendlichen ernst, arbeiten an konkreten nächsten Schritten, räumen gemeinsam Hindernisse aus dem Weg. Ich bin immer wieder beeindruckt, was unsere Klient:innen trotz aller Hürden schaffen.“ „Ein Schlüssel ist Solidarität“, ergänzt Wickrath. „Wenn die jungen Frauen* bei uns merken, dass sie nicht alleine sind, dass sie nicht schuld sind an ihrer Situation, ist das ein Schlüsselmoment.“
Samira hat ihre Schulden mittlerweile im Griff. Mit Unterstützung von basis sprungbrett und der Schuldenberatung, konnte mit Klarna eine Einigung gefunden werden. Ihr Essen kauft sie nicht mehr online, sondern in einem Sozialmarkt. Jetzt kann es mit der Jobsuche gemeinsam weitergehen.
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Kontakt:
Mag.a Anja Gurtner, MA
Leitung Öffentlichkeitsarbeit
0677/64329855
anja.gurtner(at)sprungbrett.or.at
C: Hanna Fasching